Das neue Polizeiaufgabengesetz: Einführung des Polizeistaats zum Machterhalt der CSU

By photographer Alexander Blum (www.alexanderblum.de) [Public domain], via Wikimedia Commons

MÜNCHEN – Raimund Swoboda ist nicht nur Polizeidirektor a.D., sondern auch noch Vorsitzender des Bezirks Mittelfranken der AfD.

 

Das neue Polizeiaufgabengesetz, ein Beitrag von Raimund Swoboda (Polizeidirektor a.D.)

In diesen beiden Rollen warf Raimund Swoboda einen Blick auf das neue Polizeiaufgabengesetz der CSU. Wir veröffentlichen in Folge seine Stellungnahme:

Auch ich bin der Meinung, dass das neue PAG für alle Bürger Bayerns eine weitere Erosion der Grundrechte mit sich bringt. Die CSU begründet diese umfassende Demontage der Freiheit mit dem „Kampf gegen Terrorismus“ und der Abwehr von Gefahren für Staat und Bürger, doch es fehlen die konkreten Anlässe für diese umfassenden Eingriffsrechte für die Polizei.

Meine Position ist: Wir brauchen eine starke Polizei! Starke Polizei heißt für mich: Eine Grundrechts- und bürgerfreundliche Polizei, bestens ausgestattet und ausgerüstet, angemessen gut besoldet, in flächendeckender angemessener Stärke, hervorragend ausgebildet und trainiert, physisch und psychisch gut auf die Anforderungen vorbereitet, die ihre konkret zugeschriebenen Aufgaben bei konkret beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen nach Gesetz und Recht erfüllt und sich weder vom Primat der Politik missbrauchen läßt, noch missbraucht wird und stets neutral mit ethischer Polizeikultur und Blick für das Notwendige und Wesentliche der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung dient, mit Mut, Motivation und Moral. Damit möchte ich beim Wähler und auch in Polizeikreisen Blumentöpfe gewinnen.

Polizeirecht muss sensibel ausformuliert sein, denn Polizeirecht ist Tatsachenrecht mit Sofortvollzugscharakter. Das neue bayer. Polizeigesetz ist einmal mehr eine Grenzlinienüberschreitung durch längerfristige Vorbeugehaft, heimlich Ausspähung mit digitaler Technik und sachgrundloser Erforschungseingriffe.

„CSU – Wegbereiter zum Polizeistaat“

Ich bin zwar über diesen Facebook-Auftritt des LaVo auch nicht glücklich, aber noch weniger glücklich bin ich über das, was vom LFA 5 in die LPK eingespeist wurde (Anhang zur Mail vom 24.03.2018 09:32 Uhr). Da ist viel Schrott dabei. Ich meine, wir müssen uns auf den Wahlkampf gegen die CSU einstellen und unsere Äußerungen schlüssig begründen. Praxisnah wäre es am besten. Das geht nur, wenn man die Tücken des neuen PAG im Kern herausarbeitet und die Zusammenhänge mit dem, was in den letzten 20 Jahren polizeigesetzlich geschehen ist, herstellt. Denn, dieses neue BY-PAG ist ja nur der derzeitige Kulminationspunkt dessen, was man für uns „Volk“ vorgesehen hat.

„CSU macht Bayern zur Grundrechtswüste“

Ich meine, dieses „neue“ PAG ist ein weiterer Meilenstein in den Überwachungsstaat und der vorläufige Höhepunkt einer unseligen Entwicklung. Jeder Bürger muss jetzt noch mehr damit rechnen, anlasslos zum Objekt staatlicher Gewalt zu werden. Dieses Gesetz verlagert die Gefahrenabwehr noch mehr in das Vorfeld und passt in die grundrechtsgefährdende Sicherheitsarchitektur des Groko-Zeitgeistes. Man erinnere sich nur an den Ethady-Fall, als man von Polizei und Justiz ein Exempel nach dem Muster exerzierte, dass „jemand, der Legales tut (hier nicht verbotene Bilder von Jungen im Internet bestellt) auch Illegales tut (strafrechtlich relevanter Erwerb von pornographischen Bildern von Jungen für pädophile Zwecke), weil dies die abstrakte kriminalpolizeiliche Erfahrung zeige.

„CSU macht Polizeiwillkür hoffähig“

„Polizei wird zum CSU-Büttel gemacht“

Das neue PAG eröffnet der Polizei die Möglichkeit, präventiv und verdeckt auf Computer und andere technische Geräte zuzugreifen und gespeicherte Daten abzugreifen. Ganz interessant werden dabei die vielen „Clouds“ (auch die unsrigen der AfD) sein. Bisher ganz Unvorstellbares darf dabei gemacht werden. Man darf künftig heimlich mit verdeckten Ermittlern im Net, sogn. Cyber-Cops online und offline arbeiten, ganz so, wie es beliebt und könnte damit unter der bloßen Behauptung eines eventuell möglichen Terroranschlages auf andere Computer zugreifen und Daten verändern und, letztendlich auch Beweise fabrizieren. Das geht dann auch mit sogen. „Privaten“, die als „beliehene Hoheitsträger“ kraft Kooperation oder Auftrag durch Hoheitsträger dessen Statusrechte nutzen, weil diesem selbst die „Fachleute“ fehlen. Heraus kommen dabei dann Zweck-Maßnahme Ansätze, was einst undenkbar war.

„CSU-Bayern – Spielwiese für Polizei-Fakes“

Wer meint, die Polizei tut so etwas nicht, der möge sich an den AMOK-Lauf im Münchner OLYMPIA-Einkaufszentrum erinnern. Entgegen ihrer Pflicht, hat die Polizei nicht sofort mit allen verfügbaren Kräften vor Ort den Amoktäter bekämpft, sondern ein Terrorkampfszenario unter Nutzung aller Kanäle (Rundfunk/Fernsehen/Presse) auch der Social Medias in die Öffentlichkeit getragen und das „Gebot der Stunde“ genutzt, um mit einem überzogenen Großeinsatz das zivile Leben im Zentrum Münchens über Tage zum Erliegen zu bringen und die Bürgerschaft mit dem Thema „Terrorismus“ vertraut und letztlich für die Einschränkung der Freiheit gefügig zu machen.

„CSU spielt dem Wähler das Lied von der Angst“

Die Polizei darf künftig bei dringender Gefahr für „Leben, Gesundheit oder die Freiheit der Person“ oder bei Bedrohung oder Verletzung von „Sachen, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint“, Daten löschen oder verändern, wenn sie meint, die Gefahr nicht anders abwehren zu können und somit eben diese gesetzlichen Voraussetzungen selbst definieren. Sie darf Kommunikationsverbindungen durch den Einsatz technischer Mittel unterbrechen oder verhindern (manipulieren). Kontrolle ist dabei Klein geschrieben. Natürlich steht immer der Weg zu den Gerichten offen. Aber, eben im Nachhinein. Von Grundrechtsschutz zu sprechen ist da unangebracht.

„CSU macht Polizei den Weg frei für sachgrundlose Ermittlung“

Im bayerischen PAG wurde sukzessive die verdachtslose Eingriffsermächtigung verfestigt und leistete damit dem latenten Eingriffsmissbrauch durch die Polizei Vorschub. Merkel sagte mal, wir machen aus Illegal legal, bezogen auf die gesetzwidrige Einwanderung. Andere beziehen das auf die Legalisierung von Cannabis in der Drogenpolitik und wieder andere sehen das Kirchenasyl als legal an, mit der Begründung der normativen Kraft des Faktischen. Die bayerische CSU-Politik macht dies nun als Vorreiter in Sachen verdachtsunabhängiger Polizeibefugnisse und im Vorgriff auf die totale Digitalisierung.

„CSU macht Bayern zum Phantasialand für Horch und Guck“

Nicht mehr die konkrete, im Einzelfall bestehende Gefahr ist das Maß zur Rechtfertigung von Eingriffsrechten (wie im ME des PolG der 70iger Jahre festgelegt), sondern die Gefahrenvermutung von Polizei und Sicherheitsbehörden. Man bekämpft mit diesem Polizeigesetz nicht eine sich aus tatsächlichen Anhaltspunkten abzeichnende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, sondern rein vorsorglich eine lediglich auf polizeilicher Denklogik beruhende, potentielle, also einer im Bereich des weitgehend noch Ungewissen liegenden Gefahr. Richterkontrolle ist auch im beabsichtigten, neuen PAG ins Gesetz geschrieben, was aber wie bisher auch schon reine Makulatur ist, weil dem Richter keine Tatsachenerhebungen zur Verfügung stehen, sondern nur polizeilich gefilterte Behauptungen unter Hinweise auf Formalbefugnis-Ermächtigungen des Gesetzes. Lediglich diese zu prüfen, ist dem Richter bei heimlichen Maßnahmen eröffnet. Rechtsschutz findet allenfalls im Nachhinein vor dem Verwaltungsgericht statt.

„CSU zittert um Machterhalt und opfert die Freiheit auf dem Altar der Sicherheit“

Das neue PAG stellt das vermeintlich positive Ziel der Sicherheit zu Lasten der Freiheit, ganz nach dem machiavell`schen Prinzip „Der Zeck heiligt die Mittel“ in den Mittelpunkt der Überlegungen. Es fördert nicht nur die neu erdachten und technisch, dank Digitalisierung möglichen Informationserhebungsmaßnahmen, sondern entfernt sich weiter vom fallbezogenen Ermittlungsansatz hin zur personenbezogenen Verdachtsschöpfungsstrategie und gibt die Möglichkeit von Rechtseingriffen weit im Vorfeld von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Damit öffnet die CSU die Scheunentore für die „Erosion der Grundrechte“ zu Gunsten eines überzogenen Sicherheitsdenkens, wobei überhaupt noch nicht erkennbar ist, wie sich diese Gesetzessystematik auf die bürgerliche Freiheit im alltäglichen Sinne auswirkt. Es stellt sich wirklich die Frage, was mit diesen Gesetzen bekämpft oder durchgesetzt werden soll.

„Neues Bayer-PAG – ein CSU Kampfmittel wie es uns nicht gefallen sollte“

Das Paradebeispiel hierfür ist der Präventivgewahrsam gegen Gefährder, der mit richterlicher Entscheidung zunächst auf drei Monate befristet ist und dann stets verlängert werden kann. Der Fall Molat, wo ein Mann ohne Beweis und Urteil wegen „merkwürdigen Verhaltens“ aufgrund eines lediglich aktenbezogenen psychiatrisches Gutachtens für sieben Jahre in die geschlossene Psychiatrie verfrachtet wurde und jährlich Richtergremien die Fortdauer der Unterbringung verfügten, bis ein dubios geführtes Wiederaufnahmeverfahren zur Entlassung führte, ist die bereits gelebte Praxis im CSU-Land. Auch Molat galt damals als Gefährder, was zeigt, wie gering der Anlass sein kann, um unter dem Vorwand der Mord- und Totschlagsgefahr, empfindlichste Rechtseingriffe anwenden zu können.

„CSU – Gefährder der bürgerlichen Freiheit“

 

Das neue „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“, ein Beitrag von Martin Sichert (MdB)

Martin Sichert ist Vorsitzender der AfD-Bayern und äußert sich zu dem von der CSU geplanten „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ wie folgt:

Erinnern Sie sich noch an Gustl Mollath? Der Nürnberger wurde 2006 wegen diverser ihm angelasteter Delikte und gleichzeitiger, durch Gutachter festgestellte, Schuldunfähigkeit gerichtlich in die Psychatrie eingewiesen. Nachdem mehrere Instanzen über Jahre hinweg diese Einweisung bestätigten, wurden 2011 Zweifel an den Vorwürfen und an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens laut. 2014 wurde er schließlich freigesprochen.

Die damalige Justizministerin Merk (CSU) steht bis heute wegen ihres damaligen Verhaltens in der Kritik. Nun plant die CSU unter Ministerpräsident Söder depressive Menschen in Bayern zu registrieren und so zu behandeln, als wären sie Straftäter. Kein Witz!

Depressive Menschen sollen künftig in Krankenhäusern festgesetzt werden können, ohne dass eine Straftat vorliegt. Diese Regelung galt bisher nur für Straftäter. So steht es im Gesetzentwurf, der vom Kabinett Söder verabschiedet worden ist.

Erst das umstrittene „Polizeiaufgabengesetz“, jetzt das allen Ernstes als „Psychisch-Kranken-Hilfe“ bezeichnete Gesetz. Die Staatsregierung versucht ihre „Law-and-Order“-Politik nun auch auf Kosten psychisch kranker Menschen zu forcieren. Sie verkennt dabei die Realität: Für die marode Sicherheitslage in unserem Land trägt Sie selbst die Verantwortung, nicht die psychisch Kranken.

Da hilft auch der sicherheitspolitische Amoklauf von Ministerpräsident Söder rein gar nichts.

„Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“:
http://www.sueddeutsche.de/bayern/umstrittener-gesetzentwurf-bayern-will-psychisch-kranke-wie-straftaeter-behandeln-1.3944987

„Polizeiaufgabengesetz“:
http://www.sueddeutsche.de/bayern/kriminalitaet-bayern-will-die-befugnisse-der-polizei-massiv-ausweiten-1.3912091